Können statt Fehlern

Für die Weiterbildung am Wochenende bat uns unsere Dozentin, Schreibproben unserer Teilnehmer mitzubringen. Ich habe also vorher ein kleines Diktat mit meinen Kursteilnehmern durchgeführt. Es ist nicht das erste gewesen, und ich habe auch erst damit angefangen, als ich wusste, dass jeder Einzelne in der Gruppe genug Vertrauen hatte, solche Lernstandskontrollen mitzumachen. Wenn die Gruppe bereit ist, dann halte ich es für sinnvoll, ab und zu einmal solche Mini-Tests zu veranstalten. So können sie Einsichten zu ihrem Wissen erhalten, aber sich auch Schritt für Schritt an eine Prüfungssituation gewöhnen, die am Ende des Kurses sowieso auf sie zukommt.

Einer der schwächsten Teilnehmer schrieb Folgendes:

 Da ist schon viel vorhanden: bis auf das schwache Schwa ist der Beruf vollständig, beim Onkel, beim Regal und beim Maurer sind richtige Buchstaben vorhanden aber in der falschen Reihenfolge; Tisch ist bis auf die Großschreibung richtig; Tasche ist fast richtig, wenn dann die e-i-Schwäche nicht wäre, mit der dieser Teilnehmer zu kämpfen hat. Morgen möchte ich die Diktate zurückgeben. Es wäre aber sehr demotivierend, alles als falsch anzustreichen. Auch würde ein verzerrtes Bild entstehen - denn schließlich ist ja überhaupt nicht alles falsch. Aber nach einem Diktat erwarten die Teilnehmer Feedback. Was also tun?



Da sind mir die Kann-Beschreibungen z.B. der lea-Diagnostik in den Sinn gekommen. Und ich habe für jeden der Teilnehmer folgende Auswertung erstellt:

Statt den Schreibfehlern steht nun das Können der TeilnehmerInnen im Vordergrund, und jeder Teilnehmer und jeder Teilnehmerin kann etwas. Wenn etwas sicher beherrscht wird, male ich einen lachenden Smiley, wenn etwas manchmal falsch gemacht wird, einen neutralen. Und wenn etwas noch (!) nicht richtig ist, bleibt das Feld eben noch (!) frei. Morgen werde ich die Auswertung Satz für Satz mit den Teilnehmenden durchgehen und erklären (schließlich steht da ja viel geschrieben - aber wenn es erklärt wird, halte ich Symbole etc. als Verständnishilfe für nicht notwendig.) Wir werden gemeinsam die richtige Schreibung an der Tafel entwickeln. Und beim nächsten Diktat werden ganz sicher noch mehr Smileys dazukommen!



Unterrichtsideen: Alphabetisierung auf Satzebene

Die Unterrichtsideen auf Buchstabenebene habe ich ja schon vor einer Weile veröffentlich (siehe hier) und die Gestaltungen von Unterrichtseinheiten (hier und hier) waren Übungen auf Wortebene. Jetzt will ich daher ein paar Anregungen auf Satzebene vorstellen.

Die Satzebene ist sicher die, bei der man am meisten Übungen aus dem "klassischen" DaF-Unterricht nutzen kann. Hier also nur ein paar Ideen ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder absolute Innovation, zusammengesammelt aus dem eigenen Kopf und vielen anderen Quellen:



-          Wörter zeigen: KL liest vor (oder Dialog auf CD), TN hören mit und zeigen auf das Wort, das gerade vorgelesen wird
-          Sätze werden in Bildern repräsentiert: Satz vorlesen – TN zeigen das entsprechende Bild
-          einen Satz vorlesen – jeder TN spricht ein Wort der Reihe nach
-   einen Text vorlesen lassen: die TN lesen immer nur je ein Wort nacheinander
-          Arbeitsblatt: ein Satz ist komplett abgedruckt, der gleiche Satz ist darunter wieder und wieder abgedruckt, allerdings fehlt immer jeweils ein Wort – muss von TN schriftlich ersetzt werden
o        stärkere Lerner knicken den vollständigen Satz immer wieder nach hinten weg, und müssen so das fehlende Wort aus dem Gedächtnis aufschreiben
-          Einen Satz aufschreiben und vorlesen lassen – dann immer ein Wort mehr wegwischen und weiter vollständig vorlesen lassen
-          Sätze mit Lücken
o        die richtigen Wörter werden den schwächeren Lernern in anderer Reihenfolge gegeben
-          in regelmäßiger Reihenfolge wichtige Fragen – Anworten am Anfang der Stunde üben: Wie heißt du?, Woher kommst du?, Wie ist deine Adresse? ...
-          Bild mit zwei Personen vorgeben; gemeinsam einen Dialog schreiben: Was sagt die eine, was sagt die andere Person?
-          Sätze in Tabelle einordnen: Hauptwort – Begleiter – Tuwort – Wiewort – Personenwort – Namen – Sonstiges
-          Wäscheleine: verschiedene Wörter werden auf Kärtchen geschrieben (Verben auf ovale – Farben variieren, etc.): Sätze können auf eine Wäscheleine geschrieben werden